"Das nachhaltige Wachstum des Campus zu realisieren - und das meine ich auf allen Ebenen, wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch – wäre mein größter Wunsch, damit Rostock als maritimer Standort hier ein absolutes Alleinstellungsmerkmal entwickelt."
Ein Interview mit Dr. Regine Labrenz, Beauftragte für Technologietransfer beim Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), Mitglied des Projektteams "Ocean Talents" sowie Koordination und Beteiligung an der Förderung und Strategieentwicklung des Gesamtclusters "Ocean Technology Center Rostock"
Wie sich der Ocean Technology Campus in den vergangenen Jahren entwickelt hat und sich das Netzwerk auf das IOW auswirkt.
Die Aufgaben von Dr. Regine Labrenz in einem Satz zusammenzufassen, ist nicht leicht. Als Beauftragte für Technologietransfer am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) steht bei ihr die Netzwerkarbeit im Vordergrund. Sie koordiniert u. a. das "Ocean Talents" Programm und macht sich stark für die Ausbildung von Fachkräften in maritimen Berufen. Dr. Labrenz hat beim Aufbau des Ocean Technology Campus in Rostock mitgewirkt und ist eng in die Strategieentwicklung des Clusters eingebunden.
Im Interview spricht die Netzwerkerin mit Überblick über die Entwicklungen der vergangenen Jahre nach dem erfolgreich beantragten Förderprogramm für den Campus. Und sie erzählt mit Weitblick von der Bedeutung des Transfers zwischen den Organisationen, die sich dem Campus angeschlossen haben.
Regelmäßig berichten wir hier über Updates zum Ocean Technology Campus Rostock, der sich physisch am Alten Fischereihafen Rostock angesiedelt hat. Hier entwickelt sich ein internationales Zentrum für Meeresforschung und Unterwassertechnologien. Vor zehn Jahren wurde der visionäre Grundstein für die Initiative gelegt.
Im Herbst 2020 sprachen wir bereits mit der Polarforscherin Dr. Heike Link in ihrer Funktion als Projektkoordinatorin, damals aus der Perspektive direkt nach der Bewilligung des Förderprogramms vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für das Zukunftscluster. innoXperts® begleitete die vorbereitenden Workshops zur Antragsstellung für die Förderung. Als Innovationsagentur unterstützen wir seit fast drei Jahren mit Innovationsworkshops die Akteure des Campus aus Wissenschaft, Forschung und Industrie auf dem Weg zum überregionalen Zukunftscluster mit starker Expertise und hohem Bekanntheitsgrad im maritimen Bereich.
Alle, die aus dem akademischen Bereich kommen, wissen: Viele gute Ideen werden erst durch zusätzliche Fördermittel realisierbar und können wachsen. So ist es auch beim Campus, der durch die Förderung durch das Bundesbildungsministerium in der „Clusters4future“ Initiative so richtig ins Laufen gekommen ist. Groß ist dann jedoch die Gefahr, dass mit Ende der Förderung gute Ideen wieder versanden.
Alle Fragen auf einen Blick
- Welche Aufgaben haben Sie in Verbindung mit dem Ocean Technology Campus?
- Welche direkte Verbindung gibt es zwischen dem IOW und dem Ocean Technology Campus?
- Sie haben den Ocean Technology Campus von den ersten Visionen an bis heute begleitet. Wie hat sich aus Ihrer Perspektive der Campus entwickelt?
- Was hatte eine besondere Ausstrahlung aus dem Campus auf Ihren Aufgabenbereich im IOW?
- Sie haben an den Innovationsworkshops zur Modernisierung des Studiengangs Schiffs- und Meerestechnik der Universität Rostock teilgenommen. Was war Ihre Motivation sich einzubringen?
- Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den Campus in den nächsten Jahren?
- Was wünschen Sie sich für den Campus in der Zukunft?
Welche Aufgaben haben Sie in Verbindung mit dem Ocean Technology Campus?
Dr. Regine Labrenz
Meine Aufgaben sind zweierlei: Als Projektmitarbeiterin im Projekt „Ocean Talents“ bin ich im Wesentlichen in Zusammenarbeit mit der IHK zu Rostock an der Entwicklung eines Zertifikatskurses zur Weiterbildung von Fachkräften aus eher allgemeinen Industrieberufen hin zu Spezialisten im UW-Bereich beteiligt. Der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt der Industrie ist allgegenwärtig und macht sich natürlich auch in der maritimen Branche schmerzlich bemerkbar. Wir wollen in „Ocean Talents“ diesem Mangel entgegenwirken, in dem wir über alle Bildungswege hinweg die Ausbildung stärken und auch schon bei Schülerinnen und Schülern Interesse an der UW-Technik wecken.
Weiterhin bin ich für das IOW schon in der Beantragung der Clusterförderung beteiligt gewesen und durfte mithelfen, die Strategie für das Gesamtcluster zu entwickeln – ein toller Prozess! Mittlerweile bin ich als Mitglied des erweiterten Lenkungskreises des Clusters recht eng eingebunden in die Prozesse zur Koordination und Beschlussfassungen für die weitere Strategieentwicklung.
Welche direkte Verbindung gibt es zwischen dem IOW und dem Ocean Technology Campus?
Dr. Regine Labrenz
Am IOW werden aktuell sechs Projekte unterschiedlicher Größenordnungen bearbeitet oder begleitet. Davon koordiniert das IOW selbst drei, in den anderen sind wir Partner oder Auftragnehmer. Mit dem Projekt „OTC-Genomics“ ist eines der sogenannten Flagship-Projekte am OW angesiedelt, dort werden neue KI-gestützte Methoden zur Umweltüberwachung entwickelt. Unter den weiteren Vorhaben bei uns findet man unter anderem auch Strukturprojekte, in denen der Aufbau und die weitere Entwicklung des Clusters vorangetrieben wird wie zum Beispiel das Vorhaben „Ocean Gender“, in dem Maßnahmen entwickelt werden, um die Parität der Geschlechter in einer bisher eher männlich dominierten Branche zu erreichen. „Ocean Talents“ kümmert sich darum, die Nachwuchsgewinnung zu fördern.
Sie haben den Ocean Technology Campus von den ersten Visionen an bis heute begleitet. Wie hat sich aus Ihrer Perspektive der Campus entwickelt?
Dr. Regine Labrenz
Der Campus entwickelt sich überhaupt, das ist schon mal die wichtigste Aussage. Er entwickelt sich dahingehend, dass wir mehr und mehr ein physisches Zentrum im Fischereihafen vorfinden, quasi mit einer Leitzentrale und Anlaufstelle im Clusterbüro. Drumherum haben sich dort einige neue Akteure angesiedelt, die die Ocean Technology Familie erweitern. Durch die Clustertreffen, die wir bisher schon durchgeführt haben, kam es zu einer stärkeren Vernetzung der Partner und erste neue Projektideen entstehen und entstanden dadurch – das muss aber noch viel stärker genutzt und ausgebaut werden.
Was hatte eine besondere Ausstrahlung aus dem Campus auf Ihren Aufgabenbereich im IOW?
Dr. Regine Labrenz
Im IOW habe ich die Funktion der Beauftragten für Technologietransfer inne. Der Ocean Technology Campus hat ja in erster Linie diese Aufgabe: Ein Umfeld zu schaffen, um die große Expertise in der Forschung rund um alle Themen der maritimen Branche zu fördern und die Verwertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Anwendung zu ermöglichen. Das heißt, durch das große Netzwerk, von dem wir ein Teil sind, wird uns der Transfer noch weiter erleichtert.
Sie haben an den Innovationsworkshops zur Modernisierung des Studiengangs Schiffs- und Meerestechnik der Universität Rostock teilgenommen. Was war Ihre Motivation sich einzubringen?
Dr. Regine Labrenz
Als Mitglied des Projektteams von „Ocean Talents“ war es klar, dass ich bei diesem Arbeitspaket aktiv mithelfe. Dazu kommt jedoch, dass das IOW ja auch Arbeitgeber für maritime Berufe ist. Aktuell suchen wir gerade wieder drei neue Kräfte aus dem Ingenieursbereich, die idealerweise die Expertise aus diesem Studiengang mitbringen. Daher liegt es voll in unserem Interesse, diesen Studiengang noch attraktiver für Studierende und auch international sichtbarer zu machen.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den Campus in den nächsten Jahren?
Dr. Regine Labrenz
Alle, die aus dem akademischen Bereich kommen, wissen: Viele gute Ideen werden erst durch zusätzliche Fördermittel realisierbar und können wachsen. So ist es auch beim Campus, der durch die Förderung durch das Bundesbildungsministerium in der „Clusters4future“ Initiative so richtig ins Laufen gekommen ist. Groß ist dann jedoch die Gefahr, dass mit Ende der Förderung gute Ideen wieder versanden. So könnte es auch dem Ocean Technology Campus gehen, wenn wir nicht dagegen steuern. Einzelne Komponenten werden sicher auch weiterhin erfolgreich sein, wie zum Beispiel das „Digital Ocean Lab“ (DOL). Aber die große Initiative zu stützen und weiter auszubauen und von externen Mitteln unabhängig zu machen, das wird die größte Challenge sein und viel Akquise-Arbeit erfordern. Nur wenn wir es schaffen, weitere Partner aus allen Bereichen der Gesellschaft aber vor allem aus der Wirtschaft davon zu überzeugen, welche Vorteile es mit sich bringt Teil der Ocean Technology Campus Gemeinde zu sein, können wir nachhaltig und aus eigener Kraft erfolgreich sein.
Was wünschen Sie sich für den Campus in der Zukunft?
Dr. Regine Labrenz
Zurzeit befinden wir uns in einer Phase, in der wir in den Projekten, aber auch in der Strukturgebung routinierter und richtig arbeitsfähig geworden sind, das hat einiges an Zeit gebraucht. So langsam „rollen“ immer mehr Ergebnisse rein und man kann erkennen, wie leistungsfähig unser Cluster werden kann. Ich wünsche mir, dass wir nun diesen Anfangsschwung und die Euphorie auch in die nächste Antragsphase mit hineinbringen können. Es muss noch viel mehr auch überregional über den Ocean Technology Campus gesprochen werden – ich glaube, wir sind da noch viel zu bescheiden in der Darstellung der Möglichkeiten hier in Rostock. Das nachhaltige Wachstum des Campus zu realisieren - und das meine ich auf allen Ebenen, wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch – wäre mein größter Wunsch, damit Rostock als maritimer Standort hier ein absolutes Alleinstellungsmerkmal entwickelt.
Wir bedanken uns herzlich für Ihre Zeit.
Das Gespräch führte Anita Naumann (innoXperts® Kommunikation & Marketing, Referentin)
Weiterführende Links:
- Der Ocean Technology Campus Rostock: Was er ist und was er will
- Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
- Ocean Talents Projekt
- Interview mit Dr. Heike Link, Polarforscherin und Projektkoordinatorin, über Innovation für den Zukunftscluster Ocean Technology Campus Rostock bei Youtube