Woran denken Sie beim Thema autonomes Fahren? An eine heile saubere Welt, wo alles automatisch (autonom) funktioniert? Oder eher daran, dass Sie sich Nullen und Einsen ausgesetzt sehen?
Aktuellen Umfragen zufolge gehen 45 % der Autofahrer nicht von einer Zuverlässigkeit dieser Systeme aus oder haben sogar Angst vor technischer Manipulation / Hackern. Mit einer Integration von Blockchain Technologie könnte man diesen Gefahren entgegenwirken. Dennoch, wir haben noch viel Zeit, um uns mit diesen Gedanken anzufreunden. Eine ausführliche Studie des ADAC (August 2018) rechnet nicht vor 2040 damit, dass sich autonomes Fahren etablieren wird.
5 Stufen des autonomen Fahrens
Grundsätzlich wird international die Entwicklung des autonomen Fahrens in fünf Stufen unterteilt, wie es auch BMW und der ADAC beschreiben. Andere sprechen von sechs Stufen, wobei mit der zusätzlichen Stufe die Stufe Null – ohne jegliche Assistenzsysteme – gemeint ist.
In Stufe 1 wird der Fahrer bereits durch Fahrassistenzsysteme unterstützt, eine Übernahme des Steuers erfolgt jedoch nicht.
Stufe 2 wird bereits als teilautomatisiertes Fahren bezeichnet. Für bestimmte Aktionen kann das System das Steuer übernehmen. Der Fahrer bleibt dabei dennoch in voller Verantwortung.
Die nächste Steigerung erfolgt in Stufe 3, das hochautomatisierte Fahren. Hier kann sich der Fahrer schon über längere Phasen vom eigentlichen Fahrgeschehen abwenden.
In Stufe 4 muss der Fahrer immer noch fahrtüchtig sein, obwohl das Fahrzeug vollautomatisiert und überwiegend selbstständig fährt.
Das autonome Fahren wird in Stufe 5 erreicht. Das Fahrzeug übernimmt die Kontrolle und die Personen werden zu Passagieren.
Im folgendem kurzen Video zeigt BMW sehr anschaulich die fünf Stufen des autonomen Fahrens und erläutert verständlich, welche technischen Systeme zu jeder Stufe erforderlich sind.
Kampf um die Vorherrschaft
Für Außenstehende ist es wahrscheinlich nicht relevant, wer welches autonome Fahrzeug herstellt und verkauft. Entscheidend ist schon eher das Wann und Wie teuer. Die Automobilindustrie sieht das hingegen mit ganz anderen $$-Augen. Schließlich geht es hier um den nächsten gigantischen Absatzmarkt.
Deshalb sind so ziemlich alle Autobauer dabei, sich mit Patenten und Innovationen zu übertreffen. Sie bauen eigene autonome Fahrzeuge und stecken dafür Milliarden in Forschung und Entwicklung. Aber nicht nur Autobauer nehmen an dem Rennen teil. Bosch z. B. wird seine Version vom autonomen E-Shuttle und dem dazugehörigen Ökosystem auf der CES 2019 in Las Vegas vorstellen.
Aber am meisten zu schaffen machen den etablierten Autobauern eher Technologieunternehmen aus Kalifornien. Größter Respekt wird dabei wohl der Google Tochter Waymo gezollt. Dieses Unternehmen, welches lieber immer noch unter dem Radar fliegen möchte, ist mittlerweile wertvoller als Volkswagen und Daimler zusammen.
Was ist so besonders an Waymo? Auch wenn 52 % aller weltweiten Patente für automatisiertes Fahren von deutschen Unternehmen kommen, hat Waymo gegenüber den deutschen Automobilherstellern einen fast uneinholbaren Vorsprung von 2-3 Jahren rausgefahren und bereitet den wohl gefährlichsten Angriff auf die gesamte Autoindustrie vor.
Das Ökosystem für autonomes Fahren
Selbstfahrende Autos alleine ermöglichen natürlich noch lange kein autonomes Fahren. Die gesamte Verkehrsinfrastruktur muss neu definiert werden. Den Straßenverkehr, wie wir ihn kennen, wird es dann so nicht mehr geben.
Hochleistungsfähige Technik wie Kameras, Radar, Laser, Sensoren und äußerst präzise GPS-Daten sind eine Grundvoraussetzung für die intelligente Verknüpfung der Daten. Insbesondere bei den Satelliten-Daten werden die Hersteller ohne Künstliche Intelligenz nicht auskommen. Um die Herausforderung der Daten, besser gesagt der Algorithmen, zu meistern, arbeiten z. B. bei BMW 1.300 Spezialisten daran Software zu entwickeln. Allein im Raum München sind 40 Test-BMW im Einsatz und sammeln Unmengen an Daten, die in zwei Daten-Centern mit einer Kapazität von 500 Petabyte gespeichert werden.
Auch Siemens als Technologiekonzern arbeitet an der Infrastruktur, insbesondere an der Kommunikation mit anderen Autos und Ampeln – Car-to-X genannt. Der VW Golf wird dieses System integrieren und in Niedersachsen werden Ampeln mit dieser Technologie umgerüstet. Zur Übertragung wird WLAN eingesetzt.
Mercedes hingegen forscht und baut u. a. an einer neuen „Sprache“, damit Verkehrsteilnehmer erkennen, was ein autonom fahrendes Fahrzeug gerade macht bzw. vorhat. Zu den bekannten Farben Weiß, Gelb und Rot für Scheinwerfer und Blinker kommt Türkis ins Spiel. Unter anderem wird eine 360 Grad Lichtinstallation diese Autos schmücken und so mit den Passanten „kommunizieren“.
Haftung
Solange wir das Steuer selbst in die Hand nehmen, ist es klar geregelt, wer bei einem Crash dafür geradestehen muss. Aber wie wird das in der Stufe 5 sein? Werden dann die Programmierer verklagt bzw. das Softwareunternehmen, die den Code geschrieben haben?
Unser Verkehrsminister hat dazu ein Gesetz für 2019 angekündigt. Unterm Strich heißt es, solange ich noch kein Passagier (Stufe 5) bin, stehe ich als Fahrer bzw. meine Versicherung im Schadensfall dafür gerade. Beim autonomen Fahren hingegen bin ich außen vor und es zahlt dennoch meine Versicherung. Falls der Schaden aufgrund eines technischen Fehlers verursacht wurde, wird der Hersteller zur Kasse gebeten. Eigentlich alles logisch.
Fazit
Durch das autonome Fahren geht man davon aus, dass sich die Unfallzahlen drastisch reduzieren, da 90 % aller Crashs durch menschliches Versagen hervorgerufen werden. Aus gesellschaftlicher Sicht ist man der Meinung, dass ein Vorteil darin liegt, ältere oder leistungseingeschränkte Menschen besser einbinden zu können. Und da kein Fahrer mehr als Ansprechpartner vorhanden ist, werden wir wohl in öffentlichen Verkehrsmitteln mit Chat Bots vorliebnehmen dürfen. Ob das dann auch alles so stattfinden wird, wer weiß.
Spannend und noch offen bleibt die Frage, wer im Endeffekt DER Autobauer der Zukunft sein wird. Vielleicht sind es dann nicht mehr die uns bekannten Automarken, sondern futuristische Modelle der Tech-Größen aus dem Silicon Valley.
Bleiben Sie neugierig und innovativ!
Ihr innoXperts-Team
Bildquelle: Pixabay
Weiterführende Links
Zur ausführlichen ADAC-Studie zum Thema Autonomes Fahren (August 2018)